UNSERE GESCHICHTE

Wir schreiben das Jahr 1867 – richtig gelesen, 1867.

An den sich enorm entwickelnden Technik-Schulen – später Technische Hochschulen – schießen Freundeskreise von Studenten wie Pilze aus dem Boden – so auch an der Bergakademie Freiberg in Sachsen, darunter das Corps Teutonia. Es schreibt sich feste Freundschaftsbande und klare Wertbegriffe auf seine Fahne. In deren Farben Schwarz-Weiß-Blau spiegelt sich berg- und hüttenmännisches Wirken. Von Anfang an sind Studenten aus fernen Ländern unter diesen Teutonen: man ist vaterländisch, aber weltoffen.

Seitdem sind 150 Jahre vergangen, sind mindestens sechs Generationen herangewachsen, haben gelernt und studiert, gelebt, standen im Beruf ihren Mann, gründeten Familien und wurden am Ende zu Staub – pralles Leben.

Gewaltige technische Entwicklungen fanden statt, und in Politik und Gesellschaft gab es revolutionäre Umwälzungen von absolutistischer Kleinstaaterei über Imperialismus, Diktatur und Kriegskatastrophen zu Demokratie und sozialer Marktwirtschaft.

Das alles spiegelt sich in der Geschichte unseres Corps wider. Die freiheitliche demokratische Grundordnung entspricht seinen Prinzipien, von denen sich auch die Freundschaftsbande für das Leben als tragendes Element bewiesen.

Rund vierzig Jahre nach der Gründung, geprägt durch innere Stärke und tiefe Freundschaft, ist man so stark, dass im Jahre 1909 ein Haus gebaut werden kann. So werden Studium, Corpsleben und Alltag in einem gepflegten Ambiente vereint.

Allerdings nur für fünf Jahre, bis der 1.Weltkrieg zur Schließung des Corps bis 1918 führt

. Danach beweist sich seine Lebenskraft, aber die der Weimarer Republik folgende braune Diktatur stört dieser straffe Individualismus mit demokratischer Prägung – Teutonia wird durch GESTAPO-Befehl verboten, ihr Haus geht ihr verloren.

Nach dem zweiten Weltkrieg hat sich am Geburtsort des Corps nicht viel geändert. Eine neue Diktatur hat die Farben in rot getauscht. Meinungsfreiheit, individuelle Lebensgestaltung und studentische Freundschaftsbünde außerhalb der kommunistischen Parteiorganisationen sind nicht erwünscht.

So entschließen sich einige Alte Herren zur Wiedergründung des Corps an der Technischen Hochschule in Aachen und lassen sich mit Unterstützung befreundeter Verbindungen 1951 hier nieder.

Corpsbrüder, die nun ihr gemeinsames Leben in recht einfachen Verhältnissen gestalten, sind meistens so jung nicht mehr und durch Krieg und Nachkriegszeit „gestählt“. Sie erkennen bald, so wie vor 50 Jahren, dass ein eigenes Haus für das Gedeihen der Gemeinschaft notwendig ist.

Sie packen die Sache an, haben eine Idee: man gewinnt namhafte Autoren, die Artikel zu wirtschaftlichen Themen aus dem Bereich Kohle und Stahl – nach Kriegsende ein beherrschendes Thema – zur Verfügung stellen für eine Broschüre „Skizzen zur Zeit“, für die Anzeigen eingeworben werden. Die Aktion hat Erfolg und führt 1955 zum Kauf einer ziemlich demolierten Villa aus der Gründerzeit an der Krefelder Straße, die mit viel Eigenleistung für unsere Zwecke hergerichtet wird.

Auf dieser Grundlage gedeiht das Corps in den 50er und 60er Jahren. Das Gemeinschaftsleben im Corps wird gepflegt, die Geselligkeit kommt nicht zu kurz und es wird auch erfolgreich studiert. Einige Corpsbrüder arbeiten an exponierten Stellen in der studentischen Selbstverwaltung, übernehmen also Verantwortung für die Gemeinschaft der Studierenden. Man ist jetzt auch stark genug, anderen Corps bei ihrer Wiedergründung zu helfen.

Die 68er Wirren hinterlassen tiefe Spuren im Corps, die fast zur Schließung geführt hätten. Ein harter Kern von besonnenen Corpsbrüdern gewinnt neue Mitglieder, das Wahren und Wandeln von Prinzipien gelingt weiter, bewährt sich, bringt jungen Menschen Freude, Freundschaft und Erfolg und dem Bund ein sicheres Bestehen.

Das Ende des Kalten Krieges macht es möglich, 1992 den 125. Geburtstag des Corps mit einem Festakt in der Bergakademie Freiberg, am Geburtsort, zu feiern. Man schließt Freundschaften und trägt bei zum Zusammenwachsen von West und Ost.

Heute, im 21. Jahrhundert, ist die Meinungsvielfalt der jungen und alten Mitglieder unseres Corps ein typisches Abbild der Zeit, allerdings mit festen Werten, Zielen und lebenslanger Freundschaft, die schon in der Vergangenheit manchen „dicken Brocken“ aus dem Wege geräumt haben.

Im Jahre 2017 hat das Corps sein 150-jähriges Bestehen gefeiert. Aachen ist inzwischen unbestritten zur Heimat geworden, wozu natürlich auch die exzellente Hochschule und das im frischen Glanz strahlende einhundert Jahre alte Corpshaus beigetragen haben.

Über 200 freudig bewegte Teilnehmer am Festball, die Gratulationen des Oberbürgermeisters, der Technischen Hochschule und vieler guter Freunde sind beredtes Zeugnis für die Lebenskraft dieser Gemeinschaft!

Peter Matthias/Ernst Schiffer